vom Sein und Schein

Vom Sein und Schein: der gemeine Kunststudent

 

Eine Institution, wie die Kunstakademie, bietet den nötigen Rahmen, um die Wiege der Gesellschaft weiter durch nachwachsende Sprösslinge/ Künstler zu gewährleisten.

Doch werden diese von der Gesellschaft überhaupt gewollt, bzw. mit offenen Armen empfangen? Braucht man das heute noch? Ja. Nein. Vielleicht!?

Man bedenke, dass jeder Student, zwar eine Investition für das Land, jedoch ein Kunststudent- der nicht ein Lehrer und im besten Falle, auch Künstler- eher ein weiterer Harz IV-er wird. Dieser dadurch, zum zweiten Mal, der Gesellschaft zur Last fällt.

So stellt sich die klare Frage: ist der gemeine Kunststudent gemein? Oder handelt es sich bei dieser Spezies von Student um unterschiedlich kategorisierbare Exemplare von Lebewesen?

Braucht das Land sie, euch, uns? Und wenn ja, wie viele hätten Sie den gerne?

 

Mal überlegen:

Der Wert der Kunst ist ja ein Ideeller, bzw. noch. Auf dem Niveau als Student, operiert man in flacheren Gewässern. Mutti Aka, passt auf, dass man sich nicht zu tief hineinbegibt, aber, dass man schon erste Erfahrungen, durch den Rundgang und Klassenausstellungen sammeln kann. Konnte man sich behaupten und hat sein Seepferdchen, durch ersten Verkäufe, den Freischwimmer durch das Staatsexamen oder das Diplom erlangt, wagt man sich auch mal ins tiefere Gewässer. Nun, wie wir alle, spätestens seit shark tank, wissen: wo es tiefer wird und mehr zu holen ist, sind die Fressfeinde aggressiver, oft größer als man selbst und um einiges erfahrener. Wurde man dann von einer Übermutswelle hinausgetrieben, lernt man schnell gut zu rudern, Tunkversuche zu überleben oder sich an rettenden Flößen festzuhalten. Dabei wäre ´das Floß der Medusa` nicht unbedingt meine erste Wahl!

Ist man erstmal drin und versucht sich über Wasser zu halten, kann man eine Investition bei spekulativen Machenschaften, oder zur Zierde, als singender Fisch, über den Kamin gehängt werden.

Aber nun mal von Anfang an.

Kunst. Kunst ist, ist im besten Falle ein Spiegel der Gesellschaft. Sie nimmt nicht nur die aktuellen und aktualen Strömungen in sich auf, oder illustriert sie bloß, nein: den hohen Geist der Künstlerin oder des Künstlers durchlaufend soll dies alles zu etwas Anschaulichem werden und zum Reflektieren, Erkennen und Verändern anregen.

(Das Kunst, der Hammer, mit dem man die Wirklichkeit gestaltet, ist; diese These lasse ich hier unkommentiert mal unter den Tisch fallen.)

Eine Wunschvorstellung?

So wie oben auf dem Killesberg, kann man rein faktisch sagen: es ist ein Mikrokosmos, eine Blase, mit keinerlei Bezug zur realen Welt. Zu dem da unten, im Tal der Sünde, im Kessel… beheizt durch Banken, neue Shoppingmeilen, ja ganze Quartiere und Konsumtempel. Folgt dies dem Prinzip Brot und Spiele für das Volk. Wozu aktiv am Kulturgeschehen teilnehmen, wenn man sich in einer Zeit-Raum-Kontinuumslosen-Mall verlieren und der Lust frönen kann?

Dabei galt Kunst ja auch, oder ist es falsch? für manche (das Volk) einst als Brot und Spiele?

 

Ja Brot und Spiele, schon im antiken Rom, hatte es seine politische Funktion und auch heute brüsten sich die Politiker und Regierungen damit. Auch Privatleute umgeben sich gerne mit Kunst und dem SCHÖNEN( ein weiterer Begriff, den es zu untersuchen gälte). Aber zurück zum Brot und zum Spiel.

Wenn eine Performance, eine Aktion, ja selbst die Straßenmaler auf der Kö, unter dem freien Himmel, das Volk mit ihren Fingerfertigkeiten zum Lächeln, Träumen, sich kurz Besinnen und für einen Moment den hektischen Alltag zum Erliegen bringen. Das ist toll. Kostenlos und der zur Schausteller hofft auf ein Kleingeldgeklimper im obligatorischen Hut, oder dem bösen Pappkaffeebecher. Die Masche ist keine neue und wird auch von Mensch, mit nicht so edlen Absichten benutzt.

Als Brot und Spiele, hier umsonst und gerne angenommen. Doch blickt man in die Museen wird die Menge schon dünner. Ein Besuch im Museum ist nicht günstig, es sei denn, man ist Kind. Günstiger als ein Besuch in der Wilhelma, dem hiesigen Stadtzoo, doch ohne Babytier-Bonus. Somit ist die Wahl, ins Museum zu gehen, eine Bewusste. Nicht jeder kann es sich leisten, bzw. auch nicht oft, es ist ein Luxus, und ein besonderes Erlebnis. Das Letzte finde ich persönlich gut, denn ein Museumsbesuch bildet. Nicht nur den Betrachter durch verschiedene Eindrücke, er lernt auch Geschichtliches, Technisches, aber auch Ideologische Aspekte, wie die Vermittlung von Werten und Normen, Ansichten. Diese sind dann auf die aktuelle Zeit transformierbar. Doch leider ist solch ein Erlebnis nicht allen zugänglich und somit einem kleineren, elitäreren Kreis vorbehalten.( Die Bonuskarte hilft denen, die Nichts haben, doch es gibt auch ein Dazwischen.) Es gab Zeiten, da war dies nicht so. Klar, es waren auch andere Zeiten, andersverteiltes Geld, alles nicht so teuer, nicht so aufwendig im Transport, Restaurierung und, und, und… Und doch, wenn man überlegt wieviel Menschenkraft in einer Ausstellung steckt, vom ideellen Wert, ganz zu Schweigen, so ist es vollkommen gerechtfertigt, eigentlich zu günstig. Doch darf ein Museumsbesuch so exklusiv, exkludierend sein? Nicht Aufgrund von Desinteresse, sondern alleine durch den Eintrittspreis, nicht allen zugänglich?

Einst hatte ich eine Diskussion mit einer 7-Jährigen: Warum der alleinige Blick in den Ausstellungskatalog nicht dem Original genüge, stand dabei zur Debatte. Beim Dix Triptychon wurde es klar: „ oh Das aber groß“…“Ja, ist es und die Farben sind anders, schau!“. Laibs Honigraum, in dem nicht nur der visuelle Reiz, nein auch der Geruchssinn, der Geschmack, das (visuelle) Gedächtnis angesprochen werden, könnte man nie nur im Katalog erfahren. Danach war klar: „So ein Museum ist schon ganz schön gut. Ich komm wieder. Tschüss“, so viel zum Museumsbesuch aus der Sicht einer 7-Jährigen. Sie kommt wieder, auch später und wünscht sich evtl. zum Geburtstag einen weiteren Museumsbesuch mit der ganzen Familie. Man sieht, die Jungen bekommt man durch ambitionierte Kunstlehrer- oder MuseumsmitarbeiterInnen.

Also Brot und Spiele, hier eher ein gutes, jedoch nicht so günstiges Brot, das man brav konsumiert und nicht damit Kügelchen formt, um andere damit zu bewerfen. Also kein Spiel!

Die Oper, Tanz, Ballett und Schauspiel…die Leuchttürme Stuttgarts, ja sie dachten es sein der Bahnhof mit dem Benzstern, da waren sie ganz schön falsch gewickelt. Dieser hilft zwar zur Orientierung, doch kulturell richtet sich alles gen Tanz. Damit schmückt man sich, damit ist man präsent. Kunst bekommt auch Förderung, das zu verleumden wäre ein Fehler und Skandal, doch ist es nicht auch ein solcher, dass Stuttgartt in der Stadt so viel Kunst und Kultur bietet und die Akademie erst allmählich einen Fuß in diese setzt/ gesetzt bekommt? Gewollt, ungewollt…unklar! Wenn die Diplomanten im Sommer im Gustav-Siegle-Haus ausstellen und kurz darauf die Aka zum jährlichen Rundgang lädt, dann kommen sie alle-nicht, doch viele. Nun, mit dem Akku ist ein weiterer Schritt getan.

Es tut sich was, ein kleiner Wind treibt das zu sinken scheinende Boot noch ein bisschen weiter, die Segel spannen sich und noch scheint nicht alles verloren und die sicheren Ufer könnten erreicht werden….

Bei Vernissagen, zu denen gerne und viele Leute erscheinen, weiß man, dass es bei vielen Besuchern nur sekundär um die aktuell ausgestellte Kunst geht. Es geht um Sehen-und Gesehen-werden, den Drink und den Plausch, das Präsentieren, der neuen Frau, des neuen Gesichts, der neuen Schuhe, oder dem chauffieren des eigene Kapitals. Wenn man dann ein „schönes, gutes Bild/Objekt“ sein Eigen nennen darf, hat die Mühle wieder gemahlen. Kunst als Kapital.

“Wer Kunst nur als Wertanlage sieht, hat seinen Partner auch nur zum Ficken“ lautete ein Ausstellungstitel in der Lotte, dem kürzlich geschlossene Kunstraum. Das triffts doch eigentlich ganz nett.

Das ist natürlich nicht so toll, doch das ist mit dem L´art pour l´art Gedanken auch nicht so, oder? Oder doch, evtl.?

Ist das schon alles?

Um die, seit den 00-Jahren vermehrt, gern in der Kunst zitierten und eingebrachten alten Meister auch noch miteinzubeziehen, was ist eigentlich mit Hegel, dem tollen Hecht? Heidegger, Adorno & Co. Sie dürfen bei dieser Teegesellschaft nicht fehlen. Geistig, sinnlich, schön, göttlich…erhaben, ja da fällt mir auch Schiller, der schöngeistige Kamerad ein…ach, was könnte man da nun alles zusammen kratzen und zitieren und, und, und. Zumal kam anfangs auch die Frage nach dem Schönen auf…hier könnte der aktive Leser Antworten finden. Vielleicht. Doch ist dies alles nicht zu romantisch, ein zu schöner Schein?

Schon ist die Brücke zum gemeinen Kunststudenten geschlagen und man fragt sich, sind es alles geniale Künstler und manche werden halt auch Lehrer, also keine Fehlinvestitionen? Oder, ist es bei dem ein oder anderen ein aufgeschnappter Trend? Eine Attitude, die es zu erfüllen und momentan, weil jeder Blogger, Twitterer und Co. auch gleichzeitig Künstler ist, auch eine verheerende Verwechslung, mit dem Ding an sich? Ist ein Künstler, ein Kunststudent, nicht jemand der Ideale hat, etwas will, sucht und im besten Fall findet? Der gemeine Künstler, tut etwas, ja muss es tun, er leidet, er sucht und findet und sucht, verwirft, zerstört, hinterfragt….

Doch der gemeine Kunststudent, der schätz daran weniger die aufkommende Melancholie und Depression, sondern, so scheint es ab und an, dieses bohemiane…das Laisser-faire…und nennt sich gern Künstler, wenn er nach seinem Job, seiner Berufung oder nach dem gefragt wird, was er oder sie macht.

Ist es so?

Ein Versuch: Ist es DER gemeine (Kunst-)Student, oder EIN gemeiner (Kunst-) Student? Wenn man ihn als heranwachsenden neuen Teil der Gesellschaft ansieht, trägt er etwas bei? Und was würde Platon & Co. Dazu sagen?

UND: ist ein Kunststudium die frivole Opulenz einer Marie Antoinette oder eines Louis XIV, 2.0? Diese Fragen können wir hier und jetzt nicht klären, doch können sie zum Nachdenken anregen?!